Auswirkungen von Körperbehinderungen auf Kinder und Jugendliche
Psychische Aspekte
Die psychischen Auswirkungen einer Körperbehinderung können vielfältig sein und hängen von zahlreichen Faktoren ab, wie dem Alter bei Eintritt der Behinderung, dem sozialen Umfeld, persönlichen Ressourcen und der individuellen Verarbeitung.
Angeborene Körperbehinderungen:
- Selbstkonzept: Die Körperbehinderung wird in das Selbstbild integriert; das „Anders-Sein“ wird oft erst im Vergleich mit anderen Kindern wahrgenommen
- Identitätsbildung: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Behinderung ist Teil der Identitätsbildung, besonders in der Pubertät
- Grenzerfahrungen: Wiederholte Erfahrungen mit Einschränkungen und Barrieren können zu Frustrationen führen
- Resilienz: Viele Kinder entwickeln frühzeitig besondere Bewältigungsstrategien und Stärken in anderen Bereichen
Erworbene Körperbehinderungen:
- Traumatische Erfahrung: Plötzlicher Verlust von Fähigkeiten kann traumatisierend wirken
- Trauerprozess: Durchlaufen von Phasen wie Schock, Verleugnung, Wut, Depression bis hin zur Akzeptanz
- Biographischer Bruch: Erleben eines „Davor“ und „Danach“, Neuorientierung nötig
- Anpassungsprozess: Neulernen von Alltagsfertigkeiten und Umgang mit Hilfen
Mögliche psychische Belastungen bei Körperbehinderungen :
- Erhöhtes Risiko für Depressionen und Angstzustände
- Soziale Isolation oder Rückzugstendenzen
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeitserleben
- Gefühle von Abhängigkeit und Kontrollverlust
Positive Bewältigungsstrategien :
- Akzeptanz der eigenen Möglichkeiten und Grenzen
- Entwicklung realistischer Ziele und Erwartungen
- Aufbau sozialer Unterstützungsnetzwerke
- Fokussierung auf eigene Stärken und Fähigkeiten
Auswirkungen auf den Schulalltag
Körperbehinderungen können verschiedene Bereiche des schulischen Lernens und Lebens beeinflussen:
Mobilität und Zugänglichkeit:
- Eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten im Schulgebäude und auf dem Schulgelände
- Schwierigkeiten beim Raumwechsel, besonders bei kurzen Pausen
- Herausforderungen bei Ausflügen, Klassenfahrten und Sportunterricht
Feinmotorik und praktische Tätigkeiten:
- Schwierigkeiten beim Schreiben, Zeichnen, Basteln
- Längere Bearbeitungszeit bei schriftlichen Aufgaben
- Herausforderungen bei praktischen Experimenten oder im Werkunterricht
Konzentration und Ausdauer:
- Mögliche erhöhte Ermüdbarkeit durch zusätzlichen Kraft- und Energieaufwand
- Ablenkung durch Schmerzen oder Unbehagen
- Erhöhte Anstrengung bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben
Soziale Integration:
- Gefahr der Ausgrenzung oder Sonderrolle in der Klassengemeinschaft
- Einschränkungen bei spontanen Aktivitäten in Pausen
- Mögliche Reaktionen von Mitschülern wie Unsicherheit, übermäßige Hilfsbereitschaft oder Ablehnung
Medizinische Aspekte im Schulalltag:
- Notwendigkeit regelmäßiger Medikamenteneinnahme
- Therapietermine während der Schulzeit
- Umgang mit medizinischen Notfällen (z.B. bei Epilepsie)
Besonderheiten in der Schulbegleitung
Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter haben bei der Unterstützung von Kindern mit Körperbehinderungen besondere Aufgaben:
Balance zwischen Hilfe und Selbständigkeit :
- Unterstützung genau dort anbieten, wo sie nötig ist
- Schrittweiser Abbau von Hilfen, wenn möglich
- Förderung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung
Umgang mit Hilfsmitteln:
- Kenntnis über vorhandene Hilfsmittel (Rollstuhl, Spezialstift, Laptop etc.)
- Unterstützung bei der sachgerechten Nutzung
- Vermittlung zwischen Kind, Lehrkräften und Therapeuten bezüglich Hilfsmitteleinsatz
Kommunikation und Kooperation:
- Austausch mit Eltern über aktuelle Bedürfnisse des Kindes
- Zusammenarbeit mit therapeutischen Fachkräften
- Information der Lehrkräfte über notwendige Anpassungen
Psychosoziale Unterstützung:
- Beobachtung des emotionalen Wohlbefindens des Kindes
- Unterstützung bei der sozialen Integration
- Stärkung des Selbstbewusstseins und der Eigenverantwortung
Krisenintervention:
- Kenntnis über mögliche Notfallsituationen (z.B. epileptische Anfälle)
- Wissen über angemessenes Handeln in Notfällen
- Umgang mit emotionalen Krisen (Frustration, Überforderung)
Fazit: Chancen und Herausforderungen
Die Schulbegleitung von Kindern mit Körperbehinderungen bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen:
Chancen:
- Ermöglichung von Bildungsteilhabe und sozialem Lernen
- Entwicklung von Selbständigkeit und Selbstwirksamkeit des Kindes
- Sensibilisierung der Schulgemeinschaft für Vielfalt und Inklusion
- Abbau von Berührungsängsten und Vorurteilen
Herausforderungen :
- Vermeidung von Überbehütung und Abhängigkeit
- Balance zwischen notwendiger Unterstützung und Förderung der Autonomie
- Umgang mit schwankenden Tagesformen und Belastungsgrenzen
- Bewältigung von baulichen und organisatorischen Barrieren
Eine reflektierte und an den individuellen Bedürfnissen orientierte Schulbegleitung kann maßgeblich dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche mit Körperbehinderungen ihre Potenziale entfalten und gleichberechtigt am schulischen Leben teilhaben können.
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