Akute und chronische Erkrankungen
Der Verlauf von Schmerzen unterscheidet sich grundlegend zwischen akuten und chronischen Erkrankungen. Während akute Schmerzen eine sinnvolle biologische Schutzfunktion erfüllen und typischerweise mit der Heilung einer Verletzung oder Erkrankung wieder verschwinden, entwickeln chronische Schmerzen eine Eigendynamik und bestehen unabhängig von der ursprünglichen Ursache fort. Dieser Übergang vom akuten zum chronischen Schmerz geht mit tiefgreifenden Veränderungen im Nervensystem einher, die als „Schmerzgedächtnis“ bezeichnet werden. Die Therapieansätze müssen daher bei chronischen Schmerzen wesentlich umfassender sein und zielen nicht nur auf die Schmerzlinderung, sondern auch auf die Verbesserung der Funktionalität und Lebensqualität ab
Akute Erkrankungen
- Weniger als 12 Wochen: Akute Schmerzen haben eine begrenzte Dauer von maximal drei Monaten. Beispiel: Ein verstauchter Knöchel verursacht Schmerzen, die mit der Heilung innerhalb weniger Wochen abklingen.
- Ursache vorhanden: Bei akuten Schmerzen ist die Ursache meist klar erkennbar und behandelbar. Beispiel: Schmerzen nach einer Zahnextraktion haben eine offensichtliche Ursache und verschwinden mit der Wundheilung.
- Warnfunktion: Akute Schmerzen dienen als Warnsignal des Körpers und schützen vor weiteren Schäden. Beispiel: Die Schmerzen nach dem Berühren einer heißen Herdplatte lassen uns reflexartig zurückziehen und verhindern so schwerere Verbrennungen.
- Intensität abhängig vom Grad der Schädigung: Je stärker die Gewebeverletzung, desto intensiver der Schmerz. Beispiel: Ein leichter Schnitt in den Finger verursacht weniger Schmerzen als ein tiefer Schnitt, der bis in tiefere Gewebsschichten reicht.
- Verschwinden: Akute Schmerzen klingen mit der Heilung der Verletzung oder Erkrankung ab. Beispiel: Nach einer unkomplizierten Blinddarmentfernung nehmen die Schmerzen kontinuierlich ab und sind nach einigen Wochen vollständig verschwunden.
- Kein Schmerzgedächtnis: Das Nervensystem speichert keine dauerhaften „Erinnerungen“ an akute Schmerzen. Beispiel: Nach einer verheilten Knieverletzung kehrt die Schmerzwahrnehmung in dieser Region zur Normalität zurück, ohne dass eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit zurückbleibt.
Chronische Erkrankungen
- Mehr als 12 Wochen: Chronische Schmerzen bestehen länger als drei Monate, oft über Jahre hinweg. Beispiel: Bei Patienten mit Fibromyalgie können die Schmerzen jahrelang oder sogar lebenslang anhalten.
- Unabhängig von der Ursache: Chronische Schmerzen können fortbestehen, auch wenn die ursprüngliche Ursache nicht mehr vorhanden ist. Beispiel: Phantomschmerzen in einem amputierten Glied können lange nach der Wundheilung weiterhin auftreten.
- Eigenständige Erkrankung: Chronischer Schmerz wird als eigenständiges Krankheitsbild betrachtet, nicht nur als Symptom. Beispiel: Chronisches Rückenschmerzsyndrom wird als eigene Diagnose behandelt, auch wenn die ursprüngliche Ursache nicht mehr aktiv ist.
- Intensität unabhängig von der Ursache: Die Schmerzstärke korreliert nicht unbedingt mit dem Ausmaß der Gewebeschädigung. Beispiel: Bei komplexem regionalem Schmerzsyndrom (CRPS) kann eine minimale Verletzung zu unverhältnismäßig starken Schmerzen führen.
- Bleiben oder treten wiederkehrend auf: Chronische Schmerzen können konstant bestehen oder in regelmäßigen Abständen wiederkehren. Beispiel: Migräne-Patienten erleben wiederkehrende Schmerzattacken mit schmerzfreien Intervallen dazwischen.
- Schmerzgedächtnis: Das Nervensystem entwickelt eine „Erinnerung“ an den Schmerz, wodurch die Schmerzschwelle sinkt und die Schmerzverarbeitung verändert wird. Beispiel: Bei chronischen Rückenschmerzpatienten kann das Nervensystem überempfindlich werden, sodass bereits leichte Bewegungen oder Belastungen, die normalerweise nicht schmerzhaft wären, Schmerzen auslösen.
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