Grundlagen der Spiegelneuronen und deren sogenannte „Ansteckungseffekte“
Grundlagen der Spiegelneuronen und deren sogenannte „Ansteckungseffekte“
Ein Verständnis dieser neurobiologischen Prozesse kann für Fachkräfte in der Schulbegleitung wertvolle Einsichten in soziale Interaktionen, emotionales Mitschwingen und die Dynamik von Stress im schulischen Umfeld bieten.
Was sind Spiegelneuronen?
Spiegelneuronen sind Nervenzellen im präfrontalen Cortex (Stirnlappen) des Gehirns. Ihre besondere Funktion besteht darin, dass sie dasselbe Aktivitätsmuster aufweisen, wenn man eine Handlung beobachtet, wie wenn man dieselbe Handlung selbst durchführen würde.
Folgende Effekte werden auf die Aktivität von Spiegelneuronen zurückgeführt:
- Beobachtetes Verhalten wird intuitiv nachgeahmt.
- Beobachtete Emotionen werden automatisch nachempfunden (emotionale Empathie).
- Bei emotionaler Verbindung (Rapport) harmonisieren zwei Menschen unbewusst ihre Körpersprache, beispielsweise durch ähnliche Sitzpositionen.
Ansteckungseffekte durch Spiegelneuronen
Der Begriff „Ansteckungseffekte durch Spiegelneuronen“ beschreibt das Phänomen, dass Emotionen und Verhaltensweisen von einer Person auf eine andere übertragen werden können, indem die Spiegelneuronen des Beobachters aktiviert werden.
Im Kontext der Schule bedeutet dies konkret:
- Stressübertragung: Kinder und Jugendliche können Stressreaktionen von ihren Lehrern, Eltern oder Mitschülern „spiegeln“ oder sich „anstecken“. Dies liegt daran, dass Spiegelneuronen neuronale Schaltkreise sind, die aktiviert werden, wenn eine Person eine Handlung beobachtet, die von einer anderen Person ausgeführt wird.
- Emotionale Resonanz: Spiegelneuronen ermöglichen eine emotionale Resonanz, bei der man bis zu einem gewissen Grad auf die Stimmung eines anderen einschwingen oder andere mit der eigenen Stimmung anstecken kann.
Implikationen für die Schulbegleitung
Das Wissen um die Ansteckungseffekte durch Spiegelneuronen hat mehrere wichtige Implikationen für die Arbeit in der Schulbegleitung:
- Vorbildfunktion: Schulbegleiter haben eine Vorbildfunktion. Ihr eigenes Verhalten und ihre emotionale Verfassung können unbewusst vom begleiteten Kind wahrgenommen und nachgeahmt oder emotional übernommen werden. Ein ruhiger und gelassener Schulbegleiter kann potenziell beruhigend wirken, während ein gestresster oder unruhiger Schulbegleiter möglicherweise Stress beim Kind verstärken kann.
- Stressmanagement: Schulbegleiter sollten sich der Möglichkeit der Stressübertragung bewusst sein. Eigener Stress, aber auch der wahrgenommene Stress anderer Bezugspersonen des Kindes (Lehrer, Mitschüler), kann sich auf das emotionale Befinden des begleiteten Kindes auswirken. Ein reflektierter Umgang mit Stress ist daher wichtig.
- Beziehungsgestaltung: Der Aufbau einer emotionalen Verbindung (Rapport) führt zu einer unbewussten Angleichung der Körpersprache. Dies kann im Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung hilfreich sein. Schulbegleiter können bewusst auf nonverbale Signale achten und gegebenenfalls eine ähnliche Körpersprache einnehmen, um Rapport zu fördern. Wertschätzung und Akzeptanz sind hierbei grundlegende Haltungen.
- Dynamik in Gruppen: In Gruppeninteraktionen können sich Emotionen und Verhaltensweisen schnell verbreiten. Schulbegleiter, die Gruppenprozesse begleiten, sollten dies im Blick behalten und gegebenenfalls intervenieren, um negative Ansteckungseffekte (z.B. bei Konflikten oder Mobbing) zu unterbrechen.
- Verständnis von Verhalten: Bestimmte Verhaltensweisen des begleiteten Kindes könnten eine unbewusste Reaktion auf die Emotionen oder das Verhalten anderer im Umfeld sein. Die Beobachtung des sozialen Kontextes und der Interaktionen kann helfen, die Ursachen von Verhalten besser zu verstehen.
Fazit
Die Ansteckungseffekte durch Spiegelneuronen sind ein wichtiger Aspekt im sozialen Miteinander und spielen auch im schulischen Kontext eine Rolle. Schulbegleiter, die sich dieser unbewussten Prozesse bewusst sind, können ihre eigene Rolle und Interaktionen reflektierter gestalten und so einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und Verhalten der begleiteten Kinder und Jugendlichen nehmen. Die bewusste Vorbildfunktion, ein achtsamer Umgang mit Stress und die Förderung positiver emotionaler Resonanz können wertvolle Werkzeuge in der professionellen Schulbegleitung sein.
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